Adamello Brenta: Man arbeitet an der geomorphologischen Karte

Die Autonome Provinz Trient, der Naturpark Adamello-Brenta – UNESCO Global Geopark und die Stiftung Dolomiten UNESCO haben eine Vereinbarung unterzeichnet, die zur Erstellung und Verbreitung der geomorphologischen Karte des Parks führen wird. Bei dieser Karte handelt es sich um ein Instrument, das die Darstellung von Landformen mit einem hohen Maß an Genauigkeit ermöglicht und ein breites Spektrum an geomorphologischen Informationen bietet, die für Wasserbau, Forstwirtschaft, Agronomie, Umwelttechnik, Architektur und Landschaftsökologie nützlich sind. Und nicht zuletzt die Verbreitung der Werte, die es dem Park ermöglicht haben, eine doppelte Anerkennung der UNESCO zu erhalten: die Aufnahme in die Liste der UNESCO Global Geoparks und die Anerkennung der Brenta-Dolomiten als eines der neun Teilgebiete, die das Welterbe der World Heritage List bilden. Koordiniert wird das Projekt von Prof. Roberto Seppi, Professor für Geomorphologie, Physische Geographie und Kartographie an der Universität Pavia.

Herr Prof. Seppi, beginnen wir mit dem „ABC“: Was ist eine geomorphologische Karte?

„Es ist ein kartografisches Dokument, das es uns ermöglicht, das physische Erscheinungsbild der Landschaft zu ‚lesen‘ und zu verstehen, wie ihre charakteristischen Formen entstanden sind und sich im Laufe der Zeit verändert haben. Es handelt sich um ein in mancher Hinsicht recht technisches Dokument, das sich jedoch vereinfachen und so anpassen lässt, dass es von allen genutzt werden kann. Wenn sich beispielsweise in einer Gebirgslandschaft große Felsbrocken mit einer bestimmten Geometrie ansammeln, kann die geomorphologische Karte Aufschluss darüber geben, in welchem Prozess diese ihren Ursprung haben (durch einen Gletscher oder einen Erdrutsch), ob dieser Prozess noch im Gang und wann diese Form entstanden ist.“

Es ist also nicht nur ein nützliches Werkzeug für diejenigen, die sich zum Beispiel mit dem Bodenschutz befassen …

„Sie ist ein grundlegendes Instrument für die Planung und Verwaltung eines Gebiets, aber auch für dessen populärwissenschaftliche und didaktische Aufwertung. Letztendlich hilft uns die geomorphologische Karte auch, zu verstehen, wie sich die Landschaft im Zusammenhang mit dem Klimawandel verändert hat (und weiter verändern könnte).

Inwiefern?

„Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In einem Gebirgsgebiet wie dem Geopark verändern sich die Gletscher aufgrund des Klimawandels sehr schnell. Die geomorphologische Karte kann uns Aufschluss darüber geben, wie und wie stark die Gletscher schrumpfen und welche Spuren diese Veränderungen in der Landschaft hinterlassen haben.“

Diese Praxis sollte sich auch in anderen Gebieten durchsetzen. Indem der UNESCO Global Geopark Naturpark Adamello-Brenta auf dieses Instrument setzt, blickt er in die Zukunft …

„Die geomorphologische Karte ist eine unverzichtbare Grundlage für die Kenntnis des Gebiets, und bislang fehlte ein solches Dokument für das gesamte Schutzgebiet des Geoparks. Ein Gebirgsgebiet wie der Geopark ist aufgrund des Klimawandels einer raschen Umgestaltung unterworfen. Daher ist es wichtig zu verstehen, wie sich Landschaftsformen, die keine ‚statischen‘ Elemente sind, entwickeln können. Darüber hinaus wollte der Park ein Planungsinstrument zur Hand haben, mit dem man beispielsweise sofort erkennen kann, welche Bereiche für die Besucher mit möglichen Naturgefahren verbunden sind. Schließlich lässt sich diese Art der Kartographie unter Verwendung modernster technologischer Hilfsmittel auch leicht in allgemein verständliche Begriffe „übersetzen“, die von den Besuchern „smart“ genutzt werden können.

Werden wir also künftig Menschen sehen, die beim Wandern durch den Park die geomorphologische Karte konsultieren?

„Ja, mit den entsprechenden Anpassungen und einer relativen Vereinfachung kann die geomorphologische Karte von den Besuchern des Schutzgebiets konsultiert werden – beispielsweise um die Formen der Landschaft entlang einer geführten Route zu ‚lesen‘ oder um mehr über einen Ort von besonderer landschaftlicher Bedeutung zu erfahren.“

Die Dolomiten wurden aufgrund ihres geologischen und landschaftlichen Wertes in die Liste des Welterbes aufgenommen. Können Initiativen wie diese (oder die Förderung des Dolomites World Heritage Geotrail) daher zu einer Gelegenheit werden, das geologische Bewusstsein von Wanderenden zu schärfen, das im Vergleich zu dem landschaftlichen oft etwas zu kurz kommt?

„Natürlich, davon bin ich überzeugt. Oft finden Aspekte, die mit der ‚unbelebten‘ Welt eines Schutzgebietes zusammenhängen, weniger Beachtung als beispielsweise die Flora und Fauna. Die Kenntnis der Geologie und das Verständnis dafür, wie sich Landschaftsformen im Laufe der Zeit entwickelt haben, sind grundlegende Aspekte für das Verständnis und die Wertschätzung eines Gebiets und verdienen Aufmerksamkeit und Pflege. Wir müssen lediglich ihren Reiz vermitteln.“

Das Ganze scheint äußerst komplex: Wie lange wird es dauern, bis wir die geomorphologische Karte in unseren Händen (oder auf unseren Geräten) haben?

„Das Projekt wird über einen Zeitraum von drei Jahren durchgeführt und erfordert sowohl Schreibtischarbeit als auch praktische Arbeit vor Ort. Dabei werden moderne digitale Kartierungswerkzeuge in einer GIS-Umgebung und die neuesten räumlichen Basisdaten wie digitale Orthofotos und digitale Geländemodelle verwendet. Neben den Fachleuten meines Fachbereichs (Universität Pavia) werden wir auch von wichtigen Einrichtungen wie dem Geologischen Dienst der Autonomen Provinz Trient und der Stiftung Dolomiten UNESCO unterstützt. Im Moment arbeiten wir zu zweit, aber im Laufe der Arbeit können weitere Beiträge hinzukommen.“

Ph. Alessandro Gruzza