Eine wissenschaftliche entdeckung von Höchster bedeutung in den Dolomiten

Ein rascher Anstieg des Kohlendioxidgehaltes in der Atmosphäre und eine Klimakrise: wie sich die jüngsten Erkenntnisse über die Artenaufspaltung der Dinosaurier auch auf die Gegenwart auswirken. Diese Entdeckung ist wahrscheinlich eine der interessantesten der wissenschaftlichen Studie, die von Prof. Gianolla von der Universität Ferrara und von Massimo Bernardi vom MUSE, dem naturwissenschaftlichen Museum Trient, durchgeführt wurde. Die Studie besagt, dass der ersten Artenaufspaltung der Dinosaurier eine außergewöhnliche globale Klimakrise zugrunde lag, die durch einen plötzlichen Klimawandel verursacht wurde, dessen Spuren man heute noch in den Dolomiten finden kann. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden vor kurzem auch in der namhaften wissenschaftlichen Zeitschrift “Nature Communications” veröffentlicht.

Im Paläontologischen Museum in Cortina d’Ampezzo erzählte uns Prof. Gianolla Genaueres über seine Studie.

Herr Professor, die Ergebnisse Ihrer Studie sind in aller Munde, aber was haben Sie denn nun entdeckt?

“Wir konnten nachweisen, dass die Vorherrschaft der Dinosaurier auf der Erde und die Klimaveränderungen während des Karniums miteinander in Zusammenhang stehen. Die Dinosaurier traten als Tiergruppe in der Mittleren Trias auf, setzen sich aber definitiv erst während der Klimakrise durch, die vor 232 bis 234 Millionen Jahren begann, als sich die Atmosphäre aufgrund zahlreicher Vulkanausbrüche massiv mit Kohlendioxid anreicherte.“

Das Schlagwort Kohlendioxid-Immissionen führt uns in die Gegenwart. Kann man davon ausgehen, dass zurzeit auf der Erde etwas Ähnliches stattfindet, oder halten Sie diese Behauptung für übertrieben?

“Auf keinen Fall, die Ergebnisse unserer Untersuchungen sind sehr aktuell. Die massiven CO2-Immissionen in die Atmosphäre unseres Planeten sind sehr problematisch, der rasante CO2-Anstieg von 300 auf 400 ppm di CO2 kann eine Erhöhung der globalen atmosphärischen Temperaturen hervorrufen, die ihrerseits zur Freisetzung von hydratisierten Gasen und in der Folge zu einer Ökosystemkrise einleiten kann.“

Möchten Sie damit sagen, dass das Leben sich letztendlich immer durchsetzen wird, man aber nicht weiß, welche Lebensformen in der Zukunft die Erde besiedeln werden? Ziehen Sie diese Schlüsse aus Ihren Ergebnissen? Dass eine Klimakrise dazu führen könnte, dass wir auf einmal zu den benachteiligten Arten gehören?

“Genau das meine ich! Nach den großen erdgeschichtlichen Krisen wurden die nun freien Lebensräume immer von jenen Arten besetzt, die die Krise gemeistert und überlebt haben. Es ist nicht gesagt, dass wir Menschen zu jenen Arten gehören, die eine globale Krise meistern und überleben können!“

Können Sie uns erklären, was vor 232-234 Millionen Jahren passiert ist?

“Die Dolomiten sind eine Art Freiluftlabor; hier kann man am besten nachvollziehen, wie sich die damaligen Klimaveränderungen auf die Korallenriffe ausgewirkt haben; gut erkennbar sind diese Auswirkungen im Bereich der Felsbänder unterhalb der Massive der Tofane und der Drei Zinnen oder auf den Bergkuppen der Lastoni di Formin. Felsbänder sind ein Zeugnis aus jener Zeit, als die aus dem Süden in Richtung Norden fließenden Flüsse die Meeresbecken auffüllten und ihre Sedimente die alten Inseln zudeckten; während der Trias war das Gebiet der heutigen Dolomiten vom Meer bedeckt, während der heutige Standort der Stadt Venedig Teil des Festlands war.“

Und was erzählen Sie uns über die Fauna?

“Die durch das Aussterben ihrer Artengemeinschaften freiwerdende Lebensräume werden von anderen Arten wieder besiedelt. So war es auch im Falle der Dinosaurier, die schon vor der globalen Krise existierten, sich aber erst danach weltweit durchsetzten.”

Stimmt es, dass der Auslöser für Ihre Arbeit einige Bernsteinfunde waren?

“In den 90er Jahren zeigte uns ein Forscher aus Cortina, Paolo Fedele, einige Bernsteinfunde; zusammen mit einigen Kollegen aus Padua untersuchten wir die Funde genauer und entdeckten, dass ähnliche Funde aus dem gleichen Zeitraum auch aus anderen Regionen vorlagen. Diese Funde und die Dinosaurierspuren, die Vittorino Cazzetta (nach dem das Museum in Selva di Cadore benannt ist, A.d.R..) in den 80er Jahren am Fuß des Pelmetto entdeckt hat, gaben uns zu denken. Etwas später fanden wir überall in den Dolomiten Dinosaurierspuren, in den Friulanischen Dolomiten, auf dem Sella-Joch, in der Umgebung der Tofane, des Moiazza-Massivs, des Civetta und auf den Lastoni di Formin … in  den Schichten unter den Dinosaurierspuren fanden wir die Spuren anderer Tiere und so kamen wir langsam zur Überzeugung, dass dieser Artenwandel wahrscheinlich durch ein klimatisches Ereignis ausgelöst worden sein könnte.“

Haben Sie sich so eine Reaktion auf Ihre Entdeckung erwartet? War Ihnen bewusst, dass Sie einen Paradigmenwechsel eingeleitet haben?

“Natürlich hofften wir auf positive Reaktionen aus der Wissenschaftsgemeinde. Uns liegt aber vor allem etwas daran, dass unsere Forschungsarbeit weitergeführt wird. Die Dolomiten wurden aufgrund zweier Kriterien in die Liste des Welterbes aufgenommen: aufgrund ihrer geologischen und aufgrund ihrer landschaftlichen Bedeutung. Die wissenschaftliche Forschung ist von grundlegender Bedeutung. Dieses Gebirge ist ein Freiluftlabor von enormer wissenschaftlicher Bedeutung und es ist unerlässlich, dass dieses Gebirge auch von den Menschen, die hier leben, als Gemeinschaftsgut gesehen und erhalten wird.“