Schutzhütten: Wunsch nach Neuanfang

In den verschiedenen Regionen und autonomen Provinzen wurden schrittweise die Bestimmungen festgelegt, die es den Bergfreunden und Schutzhüttenbetreibern gleichermaßen ermöglichen, sicher und geschützt am Berg unterwegs zu sein. Der italienische Alpenverein CAI hat in den letzten Wochen einen Leitfaden herausgegeben, um die Wanderer aufzurufen, die auf nationaler und territorialer Ebene festgelegten Bestimmungen einzuhalten. Genauso wichtig ist es, die eigene körperliche Verfassung nach der langen Inaktivität richtig einzuschätzen, die Touren so auszuwählen, dass Menschenansammlungen vermieden werden und die Arbeit der Hüttenwirten durch die Einhaltung der Regeln und eine frühzeitige Buchung zu erleichtern. Eines ist sicher: Die bevorstehende Sommersaison wird sicher nicht einfach. Aber aus den Aussagen, die wir unter den Präsidenten der Bergsteigerverbände gesammelt haben, geht der Wunsch hervor, die Tätigkeit bald wieder aufzunehmen, trotz der Maßnahmen zur allgemeinen Distanzierung, Neuorganisation der Außenräume, dem kontingentierten Zugang und den obligatorischen Reservierungen.

Alto Adige/Südtirol

„Alle Schutzhütten werden geöffnet“, versichert Claudio Sartori, Präsident des CAI Alto Adige. „Die vorgegebenen Bestimmungen sehen keine Schließung vor – die Öffnung setzt allerdings ein gemeinsames Bemühen von Hüttenbetreibern und ihren Gästen voraus. Die Vormerkung ist zwingend erforderlich, auch angesichts der Tatsache, dass eine bestimmte Bettenanzahl für eventuelle Notfälle freigehalten werden muss.“ Vieles bleibt sicherlich dem Beurteilungsvermögen des Hüttenwirtes überlassen. Wie soll er sich bei Übernachtungsanfragen ohne Vormerkung verhalten, die vielleicht am späten Nachmittag eintreffen und mehr durch Müdigkeit als durch einen offensichtlichen Notfall gerechtfertigt werden? „Wenn das Auto eine Gehstunde von der Schutzhütte entfernt ist, kann der Kunde aufgefordert werden, ins Tal abzusteigen. Anders allerdings ist die Situation, wenn ein Fünfstundenmarsch hierfür erforderlich ist. In jedem Fall ist es wichtig, an die Eigenverantwortung der Wanderer bei der Planung ihrer Ausflüge zu appellieren. Alle möchten gerne wieder zu ihrem Alltag zurückkehren, die Hüttenbetreiber genauso wie die Wanderer. Aber das funktioniert nur, wenn wir uns mehr denn je verantwortungsvoll zeigen.“

Der gleichen Meinung ist Georg Simeoni, Präsident des AVS Alpenverein Südtirol: „Wir sind bereit – mit den notwendigen Vorsichtsmaßnahmen. Wichtig ist, dass alle die Regeln befolgen. Es wird sicher ein schwieriger Sommer und es muss allen klar sein, dass eine Schutzhütte kein Restaurant ist: Wir können die Menschen nicht außen vorlassen. Unsere Schutzhüttenwirte stellen sich mit Freude diesem Neubeginn. Sie sind sich aber auch der Probleme bewusst und wissen, dass sie viel weniger Geschäfte machen werden.“ In Bezug auf die Beziehungen mit den Gästen zeigt sich Simeoni zuversichtlich: „Eine effektive Kommunikation von Anfang an wird von entscheidender Bedeutung sein, insbesondere was die Buchungspflicht betrifft. Aber ich bin nicht sonderlich beunruhigt, schließlich haben wir es mit Bergmenschen und Bergfreuden zu tun.“

Friaul-Julisch Venetien

„Wir kommen aus einer Phase erheblicher Unsicherheit“, bemerkt Silverio Giurgevich, Präsident des CAI Friaul-Julisch Venetien. „Bis vor einigen Wochen durften wir unsere Gemeindegebiete nicht verlassen, und der Berg war in jeder Hinsicht unzugänglich, dann erfolgten nach und nach Lockerungen, bis zur Hoffnung, die Strukturen im heurigen Sommer doch noch öffnen zu können. Ein entscheidender Schritt nach vorne war für viele Hüttenbetreiber die Möglichkeit, Wartungs- und Versorgungsarbeiten vornehmen zu dürfen, und mit der Instandsetzung der Wege zu beginnen. Der Wunsch nach Öffnung war bereits im Vorfeld laut geworden: von den Liebhabern der Berge, die in der Schutzhütte eine Raststätte, Unterkunft, aber auch eine Informationsstelle sehen. Genauso sehen es auch die Hüttenbetreiber und ihre Mitarbeiter. Wichtig ist die vom nationalen CAI angekündigte Unterstützung, mit der ein Satz, bestehend aus Oxymeter, Ferntemperaturmesser und Desinfektionsgerät, zur Verfügung gestellt wird, sowie die Zusage der Region, einen nicht rückzahlungspflichtigen Beitrag anzuerkennen.“ Schließlich ruft auch Giurgevich zur Verantwortung aller Wanderern auf, wie sie in dem vom CAI ausgearbeiteten Vademekum gut zusammengefasst wurde.

Trentino

Der Wunsch, die Tätigkeit bald wieder aufzunehmen, geht auch aus den Worten von Anna Facchini, Präsidentin des SAT Società Alpinisti Tridentini, hervor. Zum Zeitpunkt der Erhebung ihrer Erklärung waren die zwischen der Autonomen Provinz Trient und der Provinzbehörde für das Gesundheitswesen zu vereinbarenden Verhaltensregeln in Ausarbeitung, aber die Überlegungen hinsichtlich der geteilten Verantwortung bleiben stets aktuell. Die bevorstehende, sicher ungewöhnliche Saison wird sehr wahrscheinlich von wirtschaftlichen Schwierigkeiten geprägt sein. Nichtsdestotrotz könnte sie aber auch eine gute Gelegenheit sein, jene Verhaltensweisen endgültig zu überwinden, die allzu oft die Bedeutung und Besonderheit der Schutzhütten ignorieren. „Sicher ist Verantwortung ein allgegenwärtiges Schlagwort“, kommentiert Anna Facchini, „aber es ist klar, dass die Wanderer mehr denn je respektvoll mit ihresgleichen umgehen müssen, aber vor allem mit jenen, die ihre Arbeit in ihren Dienst stellen, mit Umsetzung der Regeln und der korrekten Wahrnehmung, wo man sich befindet.“ Der Fokus liegt weiterhin auf der Kommunikation: „Es müssen wichtige Anstrengungen unternommen werden, um möglichst alle zu erreichen.“ Haben einige Hüttenbetreiber bereits angekündigt, dass sie nicht in der Lage sind, ihre Leistungen zu garantieren? „Im Augenblick (18. Mai 2020 A.d.V.) nein, der Wunsch nach Wiedereröffnung steht sicher jetzt im Vordergrund.“

Venetien

„Nicht nur die Schutzhütten werden wieder geöffnet: Die Büros des CAI sind bereits wieder offen, allerdings nur für Sekretariatstätigkeit und nicht für die Anmeldungen und Kurse“, kommentiert Renato Frigo, Präsident des CAI Veneto, der sich in den letzten Wochen um gleichlautende Bestimmungen, zumindest für den Nordosten Italiens, bemüht hat. „Die Wiedereröffnung ist von grundlegender Bedeutung. Sie ist ein Zeichen dafür, dass die Berge wieder besucht werden. Doch das muss mit großer Ernsthaftigkeit und Einsicht seitens aller Beteiligten geschehen. Ohne Vormerkung wird eine Übernachtung nicht möglich sein, und bei einem starken Gästeaufkommen muss man akzeptieren, dass das Mittagessen eventuell in mehreren Schichten serviert wird. COVID-19 wollte niemand von uns: Es ist ein Zustand, in dem wir ohne unser Zutun hineingeraten sind, deshalb macht es keinen Sinn, sich in kritischen Tönen darüber zu äußern. Eine wichtige Klarstellung betrifft die Biwaks: Diese dürfen nur im Notfall verwendet werden.“ Und noch einmal kommt die Bedeutung der Kommunikation zur Sprache, über soziale Medien natürlich, aber auch auf lokaler Ebene: „Zusätzlich zu der von den Hüttenwirten selbst garantierten Kommunikation wird auf die Schließung der Biwaks – außer eben im Extremfall – zu Beginn jedes Weges hingewiesen. Der nationale Bergrettungsdienst CNSAS bereitet außerdem Schilder mit den korrekten Verhaltensregeln zum Schutz aller Bergbesucher vor. Hierzu gehören das obligatorische Tragen einer Mund- und Nasenmaske und das Mitführen eines kleinen persönlichen Sets, die Einhaltung der Sicherheitsabstände, aber auch nur scheinbar sekundäre Vorsichtsmaßnahmen, wie die korrekte Entsorgung von Taschentüchern oder, wenn schon, die Verwendung von Toilettenpapier, das für einen rascheren biologischen Abbau ausgelegt ist.“