In Pieve di Cadore kommen 30 Schutzhüttenbetreiber beim Jahrestreffen zusammen

Welche Auswirkungen hat die Klimakrise auf die Bewirtschaftung von Schutzhütten? Wie wird sich die Rolle der Hütten und der Hüttenwirte in den nächsten 20 Jahren verändern? Wo liegen die Grenzen unserer Möglichkeiten? Dies sind nur einige der Fragen, die sich die dreißig Betreiber der Schutzhütten, die in der Kernzone des Dolomiten Welterbes liegen, während der siebten Jahrestagung der Stiftung Dolomiten UNESCO gestellt haben. Nach Predazzo, Brixen, Val di Zoldo, Primiero San Martino di Castrozza, St. Vigil in Enneberg und einer Online-Unterbrechung wegen Corona, bei der das Treffen virtuell von der Pordenone-Hütte in Cimolais ausgerichtet wurde, fand die siebte Ausgabe am 16. und 17. November im Saal der Magnifica Comunità di Cadore in Pieve di Cadore statt.

#hüttenleben geht „live“ und auf Reisen

Zu den Projekten, deren Fortsetzung die Hüttenwirte beschlossen haben, gehört #hüttenleben. Die von der Stiftung Dolomiten UNESCO geförderte Kommunikationskampagne wurde in Zusammenarbeit mit den Hüttenwirten entwickelt und zielt darauf ab, neuen Bergbesuchern (die immer zahlreicher werden und immer weniger Wissen mitbringen) die Schwierigkeiten zu verdeutlichen, die mit dem Betrieb einer Hütte einhergehen – angefangen bei denen, die durch die Klimakrise verschärft werden, wie etwa die Wasserversorgung.

Die Neuheit besteht darin, dass die Hüttenwirte unter der Koordinierung und mit der Unterstützung der Stiftung Dolomiten UNESCO einen gemeinsamen Kalender mit Sommerveranstaltungen erstellen werden, bei denen sie die Teilnehmenden über die konkreten Aspekte des Alltags auf einer Berghütte informieren – genau wie in den Videos der Kampagne, die bereits in den letzten zwei Jahren im Internet verbreitet wurden. An diesen Tagen werden außerdem qualifizierte Gäste ausführliche Einblicke in Geologie, Landschaft und Kultur geben.

„Im Vordergrund steht klar die Frage des Klimawandels“, erklärt Mario Fiorentini, Betreiber der Schutzhütte Città di Fiume. Und weiter: „Wasserknappheit und Veränderungen in der Morphologie des Gebietes gehören zu den Aspekten, denen wir mehr Aufmerksamkeit schenken müssen, um unsere Gäste angemessen zu informieren.“

„Wir machen sehr unterschiedliche Erfahrungen, aber die Probleme sind oft ähnlich“, fügt Elena Zamberlan, Wirtin der Schutzhütte Pian de Fontana, hinzu. „Die Gäste verstehen nicht immer, wo sie sich befinden. Es ist daher die Aufgabe von uns Hüttenwirten, sie über die Art der Schutzhütte, die sie besuchen, und die Dienstleistungen, die wir ihnen anbieten können, aufzuklären.“

Die Krise aus Sicht der Wissenschaft

Am ersten Arbeitstag nahmen auch der Präsident des CAI Venetien, Renato Frigo, der Präsident des Kollegiums der Berg- und Wanderführer Venetiens, Enrico Geremia, und der Delegierte des Bergrettungsdienstes der Belluneser Dolomiten, Alex Brattin, teil.

Der Vormittag wurde einer Wanderung zum Parco del Roccolo, dem Naturschutzgebiet und der Ausgrabungsstätte von Lagole (Calalzo di Cadore), der Festung von Monte Ricco und dem Palazzo della Magnifica selbst in Begleitung des Geologen Emiliano Oddone gewidmet.  Am Nachmittag sprachen der stellvertretende Bürgermeister von Pieve di Cadore, Domenico Chiesa, und der Direktor der Magnifica Comunità di Cadore, Matteo Da Deppo, über die Aktualität einer historischen Institution wie der Magnifica.

Anschließend wurde das Wort an die Redner der Sitzung übergeben, die sich mit der Klimakrise und dem Management der Touristenströme in Schutzgebieten befasste: Michele Da Pozzo, Direktor des Naturparks Ampezzaner Dolomiten, bot seine Perspektive als Verwalter eines Gebiets von besonderem Wert, wie jenes, das von der Regole d’Ampezzo verwaltet wird; der Klimatologe der Landesagentur für Umweltschutz der Autonomen Provinz Trient, Roberto Barbiero, steuerte Daten zur globalen Erwärmung bei und erläuterte die internationalen Strategien zur Eindämmung und Anpassung an die Klimakrise; Bergsteiger und Kryosphärenexperte Anselmo Cagnati, der seit Langem im Lawinenzentrum der ARPAV in Arabba tätig ist, gab schließlich einen Überblick über die am stärksten gefährdeten Gebiete in den Dolomiten, mit besonderem Augenmerk auf die Situation der Gletscher und des Permafrosts sowie auf die Phänomene der Einbrüche und der Schuttströme.

Das Engagement für die Zukunft

Traditionsgemäß war der zweite Arbeitstag ganz dem Erfahrungsaustausch unter den Schutzhüttenbetreibern und dem Versuch gewidmet, Zukunftsszenarien im Hinblick auf die notwendige Anpassung an die Klimakrise und die Lenkung der Touristenströme, die in einigen Fällen den Sättigungspunkt erreicht haben, zu verstehen.

In der Debatte wurde deutlich, dass es nicht nur strukturelle, sondern auch „emotionale“ Grenzen gibt, die es zu überwinden gilt: Die überzogenen Ansprüche von Besuchern, die sich der Schwierigkeiten der Bewirtschaftung einer Schutzhütte nicht bewusst sind, drohen die Unbeschwertheit einer Rolle zu beeinträchtigen, bei der Gastfreundschaft an erster Stelle steht. Bei vielen Beiträgen wurde zudem die Notwendigkeit eines konstruktiven Dialogs mit den Institutionen deutlich, der gewährleistet, dass die Merkmale und die Funktion der Schutzhütten, die nicht mit den Gastgewerbebetrieben in den Tälern gleichgesetzt werden können, auch unter rechtlichen Gesichtspunkten zu definieren.

Neben der Wasserversorgung wurden außerdem andere Aspekte deutlich, die den Betreibern Sorgen bereiten, wie etwa die Instandhaltung von Wanderwegen und die Verantwortung für die Bereitstellung von Informationen über die Sicherheit von Hängen angesichts plötzlicher extremer Ereignisse, die die Orographie von Tälern innerhalb weniger Minuten verändern.

Was jedoch wie immer überwiegt, ist der Wunsch, weiterhin einen Bezugspunkt für die Besucher und Besucherinnen des Welterbes darzustellen und sich in erster Person zu engagieren. Die Direktorin der Stiftung Dolomiten UNESCO Mara Nemela fasst das geplante Engagement wie folgt zusammen: „Auch in diesem Jahr werden wir gemeinsam mit den Hüttenwirten neue Initiativen vorschlagen. Es werden Veranstaltungen sein, die den Menschen vermitteln möchten, was die ‚nüchterne‘ Gastfreundschaft der Hütte bedeutet – und zwar nicht mehr nur durch Videos, sondern auch durch direkte Begegnungen mit den Bergbesuchern und eine Diskussion über das Welterbe, die Geologie und die Klimakrise.“

Diese Aktivität ist Teil des Projekts „Bildung von Fähigkeiten und Kompetenzen. Stärkung des sozialen und territorialen Kapitals des UNESCO Welterbes Dolomiten (WHS) für eine dauerhafte und nachhaltige Entwicklung der lokalen Gemeinschaften“, das mit Unterstützung des Fonds für Anrainergemeinden durchgeführt wird.