“Der Wald, unser Lehrmeister und Freund”

„Auch heute habe ich wieder 1700 Höhenmeter hinter mir.“ Stefano Dell’Antonio ist der Kulturreferent der Forstbehörde der Autonomen Provinz Trient. Auch für ihn war es der x-te Inspektionstag: „Wir müssen uns sehr beeilen und alle möglichen Informationen einholen, bevor es schneit“, erklärt er.

Derzeit ist es unmöglich, die Mengen an Fallholz zu schätzen, die durch den Sturm vom 29. Oktober angefallen sind. Es handelt sich wahrscheinlich um mehrere Millionen Kubikmeter, wenn man die angefallenen Fallholzmengen in der Provinz Belluno, der am stärksten betroffenen Region, auf der Hochebene von Asiago (Vicenza), im Veneto, im Trentino, in Südtirol und in Friaul summiert.

„Jeden Tag entdecken wir neue Waldschäden“, bestätigt Dell’Antonio. „Die bisherige Bilanz ist katastrophal. Bevor wir einen Bergkamm überschreiten, hoffen wir, endlich einmal auf einen intakten Wald zu treffen, aber es ist hoffnungslos … wir finden überall nur zerstörte Waldgebiete.“

Neben den Umweltschäden machen wir uns auch große Sorgen um die wirtschaftlichen Folgen: wird der Holzpreis zusammenbrechen, und wie schaut es mit den Lohnkosten aus?

„Ja, die Gefahr besteht, aber die Institutionen bewegen sich auf überregionaler Ebene, um gegenseitigen Wettbewerb zu vermeiden und um sich gemeinsam gegen die Konkurrenz aus Österreich zu behaupten. Es ist wichtig, dass diese Probleme von allen gemeinsam angegangen werden: diesmal wird uns nur die Zusammenarbeit retten.“

Alles in allem sind Sie also zuversichtlich?

„Ja, ich hoffe wirklich, dass das Holz nicht unter seinem Preis verkauft wird. Vielleicht sind das Unwetter und seine Folgen sogar eine gute Gelegenheit, um uns zusammenzufinden und gemeinsam für die Dolomiten zu arbeiten. Natürlich kann ein großer Teil des Fallholzes für nichts anderes mehr als für die Hackschnitzelproduktion verwendet werden, aber wir haben zum Glück Wälder, die sich durch die hervorragende Qualität ihres Holzes auszeichnen.“

Und sobald das Fallholz abtransportiert wurde?

„Große Flächen werden vollständig abgeholzt sein, aber ich glaube nicht, dass Weiden oder Wiesen geschaffen werden können, und wenn, dann höchstens in unmittelbarer Nähe der Ortschaften. 50-60% der betroffenen Wälder sind Altersklassenwald, der aus gleichaltrigen Bäumen besteht, die ihrerseits schon gepflanzt wurden. Wir müssen das schnelle Wachstum der Wälder fördern und weiterhin auf alpine Nadelbaumarten setzen. Unser Waldkulturerbe zeichnet sich nicht nur durch die besonderen Boden- und Klimaverhältnisse, sondern auch durch seine genetischen Besonderheiten aus, ganz zu schweigen davon, dass Resonanzhölzer ein unschätzbarer Schatz sind, den wir für die ganze Welt kultivieren und schützen müssen.“

Auch aus landschaftlicher Sicht hat sich die Umgebung verändert …

„Ja, leider. Wenn ich heute durch den zerstörten Wald gehe, steckt mir ein Kloß im Hals und mir wird im Magen flau. Andererseits jedoch bin ich mir auch bewusst, dass die Natur vieles wieder einrenken und neue natürliche Landschaften schaffen wird, was wir akzeptieren sollten. Die Dolomiten werden weiterhin schön sein, und auch unser Leben in diesen Bergen wird lebenswert bleiben. Wir müssen weiterhin auf die ethischen und ästhetischen Aspekte des Waldes Wert legen.“

Und ist das auch Ihnen in der letzten Zeit gelungen?

„Eigentlich schon: zwischen all dieser Zerstörung sah ich schon junge, kleine Bäume mit glänzenden Nadeln, voller Leben und bereit, zu wachsen. Der Wald kann uns vieles lehren: Er ist Lehrmeister und Freund zugleich“.