Die Form der Dolomiten

Aus geomorphologischer Sicht bilden die neun Teilgebiete des Dolomiten Welterbes ein weltweit einzigartiges Mosaik, das, wenngleich räumlich begrenzt, doch eine dichte Formenvielfalt und Oberflächenstrukturen aufweist, die nirgendwo anders auf der Erde so einfach zu beobachten und zu deuten sind; man spricht von einer sehr hohen geomorphologischen Vielfalt.

Die einmalige und dynamische Landschaft der Dolomiten befindet sich seit dem Miozän in einer ständigen geomorphologischen Entwicklung. Im Miozän erhoben sich die ersten Gesteinsschichten aus dem Meer, in dem sie durch Sedimentationsprozesse entstanden waren, und wurden zu hohen Bergen, die nun der zerstörenden Einwirkung der Erosion ausgesetzt waren. Das abwechslungsreiche und phantastisch anmutende Gebirge ist das Ergebnis des harmonischen Zusammenspiels von geologischen Strukturen und unterschiedlichen klimatischen Faktoren. Die geologischen Strukturen bestimmen die wesentlichen geomorphologischen Züge der Landschaft und umfassen eine erstaunliche Vielfalt versteinerter Felsstrukturen, die klimatischen Faktoren sind ausschlaggebend für die verschiedenen Abbau- und Erosionsprozesse, die die Dolomiten während der letzten Erdzeitalter formten (Wasser, Eis, Frost, Auftauen, Karst, Schwerkraft).

Die besonderen geologischen Prozesse, die den Dolomiten im Verlauf der Erdgeschichte ihr heutiges Antlitz verliehen haben, haben in der Dolomiten-Landschaft deutliche und reichhaltige Zeugnisse hinterlassen, die nun von den „Steinmetzen der Natur“, den Erosionskräften, weiter bearbeitet werden. Die Erosionskräfte setzen bevorzugt dort an, wo der Felsuntergrund geringe Erosionsresistenz besitzt, und wirken längs dieser Felsstrukturen; das Bruchmaterial auf den Hochebenen und Felsoberflächen, deren Form von ihrer Zusammensetzung bestimmt, wird kontinuierlich und stetig abgebaut. Die topographische Oberfläche der Dolomiten, auf die wir unsere Füße und manchmal auch unsere Hände setzen, ist das Ergebnis des Zusammenspiels vieler Faktoren; steil aufragende Kalkstein- und Dolomitwände, sogenannte fossile Inseln, erheben sich inmitten einer sanften Hügellandschaft (Tiefseesedimente, Ablagerungen und Schuttdepots vulkanischer Herkunft) über Wiesen und bewaldete Berghänge.

Die landschaftsformenden Prozesse haben für Jahrtausende die Landschaft gestaltet und ihr ihre heutige Form gegeben; Abbruchmaterialien wurden mitgerissen, umgeformt und transportiert und formten neue geologische Körper und Räume, die nun auch vom Menschen besiedelt werden.

Die Dolomiten werden seit jeher als Labor unter freiem Himmel betrachtet, sie sind bestens für jene wissenschaftliche Projekte und Schulungen geeignet, in denen es um das Verständnis der komplexen Abbauphänomene der Berge und um die Entwicklung moderner Verfahren zur Eindämmung der hydrogeologischen Risiken geht.

Text bearbeitet von Dolomiti Project

Popera, Comelico SuperiorePaesaggio dolomitico